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BayObLG zum vergaberechtlichen Ausschlussgrund „schwere Verfehlung“

BayObLG präzisiert vergaberechtlichen Ausschlussgrund „schwere Verfehlung“

Das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) hat mit Beschluss vom 13. Juni 2022 (Az. Verg 6/22) folgende Leitsätze aufgestellt:

  1. „Schwere Verfehlungen“ (nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB) sind erhebliche Rechtsverstöße, die geeignet sind, die Zuverlässigkeit eines Bewerbers grundlegend infrage zu stellen. Sie müssen nachweislich und schuldhaft begangen worden sein und erhebliche Auswirkungen haben.
  2. Nicht in jeder nicht ordnungsgemäßen, ungenauen oder mangelhaften Erfüllung eines Vertrags liegt eine schwere Verfehlung. Eine schwere Verfehlung muss bei wertender Betrachtung vom Gewicht her den zwingenden Ausschlussgründen (nach § 123 GWB) zumindest nahekommen.
  3. Der Begriff „Verfehlung im Rahmen der beruflichen Tätigkeit“ umfasst jedes fehlerhafte Verhalten, das Einfluss auf die berufliche Vertrauenswürdigkeit des betreffenden Unternehmens hat, und nicht nur Verstöße gegen berufsethische Regelungen im engeren Sinn des Berufsstandes, dem dieser Wirtschaftsteilnehmer angehört.
  4. Auch die Verletzung vertraglicher Verpflichtungen kann eine schwere Verfehlung darstellen. Voraussetzung ist allerdings, dass sie eine solche Intensität und Schwere aufweist, dass der öffentliche Auftraggeber berechtigterweise an der Integrität des Unternehmens zweifeln darf.