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BGH lässt bei Festlegung einer Unternehmensgeldbuße Abzug von Schmiergeldzahlungen zu

Festlegung einer Unternehmensgeldbuße nach dem sog. Nettoprinzip

Das diesbezüglich ergangene Urteil des BGH vom 27. April 2022 (Az. 5 StR 278/21) ist mit folgenden redaktionellen Leitsätzen überschrieben:

  1. Für die Bemessung der ordnungswidrigkeitenrechtlichen Unternehmensgeldbuße gilt nach § 30 Abs. 3 i.V.m. § 17 Abs. 4 OWiG, dass sie den wirtschaftlichen Vorteil übersteigen soll. Für die Bestimmung des Abschöpfungsteils gebietet der Begriff des „Vorteils“ damit eine Saldierung, in deren Rahmen von den durch die Tat erlangten wirtschaftlichen Zuwächse die Kosten und sonstigen Aufwendungen des Betroffenen abzuziehen sind; es gilt insoweit das Nettoprinzip. Aufwendungen sind abzugsfähig, wenn sie durch den Erwerbsvorgang veranlasst bzw. im unmittelbaren Zusammenhang mit der zu ahndenden Tat entstanden sind. Maßgeblich ist dabei eine tatsächliche Betrachtungsweise nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten.
  2. Es liegt in der Konsequenz des Nettoprinzips, dass bei der Saldierung die rechtliche Missbilligung von Schmiergeldzahlungen außer Betracht bleibt, denn auch sie schmälern den „wirtschaftlichen Vorteil“, den der Gesetzgeber durch § 17 Abs. 4 OWiG als maßgeblich bestimmt hat. Einen Abzug von Aufwendungen auszuschließen, soweit diese rechtlich unzulässig waren, hieße daher, den gesetzlich bestimmten Maßstab zu verändern. Dieser Maßstab mag ein anderer als derjenige des Rechts der Einziehung (vgl. § 73 d StGB, § 29 a OWiG) sein und mag auch Wertungen aus anderen Rechtsgebieten nicht ohne weiteres entsprechen. Jedoch beruhen die Unterschiede auf einer bewussten gesetzgeberischen Entscheidung.

(Quelle: BGH HRRS Nr. 714 – Bearbeiter: Becker)