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ArbG Aachen hält „Catch-all-Klauseln“ in Verschwiegenheitsvereinbarungen für unwirksam

Urteil zu sog. „Catch-all-Klausel“ in Verschwiegenheitsvereinbarungen

Das Arbeitsgericht Aachen hat mit Urteil vom 13.1.2022 (Az. 8 Ca 1229/20) eine sog. „Catch-all-Klausel“ für unwirksam erklärt und demzufolge eine entsprechende Verschwiegenheitsvereinbarung als keine angemessene Geheimhaltungsmaßnahme im Sinne des Geschäftsgeheimnisgesetzes angesehen.

Der beklagte Arbeitnehmer war bei dem klagenden Unternehmen maßgeblich an der Weiterentwicklung von Produkten beteiligt. Sein Arbeitsvertrag enthielt eine Regelung, wonach über alle Geschäftsgeheimnisse sowie sonstige ihm im Rahmen der Tätigkeit zur Kenntnis gelangten Angelegenheiten – auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses – Stillschweigen zu bewahren ist. Geschäftsgeheimnisse und die sonst vertraulich zu behandelnden Angelegenheiten waren nicht näher konkretisiert. Der Arbeitnehmer hat noch während seiner Tätigkeit unter einem Pseudonym per E-Mail Informationen zu Produkten an potentielle Konkurrenzunternehmen übermittelt, die an einem Markteintritt im Bereich des klagenden Unternehmens interessiert waren. Das Unternehmen begehrte von dem ehemaligen Arbeitnehmer die Unterlassung der Weitergabe und zudem die Feststellung seiner Verpflichtung zum Ersatz des bereits entstandenen sowie künftig noch entstehenden finanziellen Schadens.

Die Klage war erfolglos. Nach Auffassung des Gerichts stehen dem Unternehmen diese Ansprüche nicht zu. Für den Unterlassungsanspruch fehle es am Vorliegen eines Geschäftsgeheimnisses. Denn ein solches liegt nur vor, wenn es durch angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen geschützt ist. Diese wären vom Unternehmen darzulegen gewesen. Am Vorliegen eines Geheimnisschutzkonzeptes bestanden jedoch aufgrund des Vortrags des Unternehmens nach Auffassung des Gerichts Zweifel. Insbesondere stelle die arbeitsvertragliche Verschwiegenheitsklausel keine angemessene Schutzmaßnahme dar. Hierfür fehlt es an der Konkretisierung der zu schützenden Informationen. Eine sog. „Catch-all-Klausel“, die Geschäftsgeheimnisse nicht näher konkretisiert und zudem eine Bindung nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses vorsieht, ist als Allgemeine Geschäftsbedingung unwirksam. Denn eine Bindung ohne jede zeitliche Beschränkung und ohne inhaltliche Konkretisierung der zu schützenden Informationen berücksichtigt nicht ausreichend die Rechtsposition des Arbeitnehmers.

Das Arbeitsgericht Aachen stellt – wie auch andere Gerichte zuvor – klar, dass ein Unternehmen sich nur dann gegen die Verletzung von Geschäftsgeheimnissen verteidigen kann, wenn es diese zuvor durch angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen gesichert hat. Dabei führt das Gericht weiter aus, dass insbesondere sog. „Catch-all-Klauseln“ in arbeitsvertraglichen Verschwiegenheitsvereinbarungen keine angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen sind. Denn diese stellen eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers dar und sind damit unwirksam.

Praxishinweis:

Unternehmen ist in Anbetracht dieser Entscheidung daher dringend zu raten, die im Unternehmen verwendeten arbeitsvertraglichen Verschwiegenheitsklauseln zu überprüfen und ggf. anzupassen. Geschäftsgeheimnisse und sonstige schützenswerte Informationen sind hinreichend zu konkretisieren, damit diese für die Arbeitnehmer transparent sind. Ohne eine entsprechende Prüfung und ggf. Anpassung dürften erhebliche Schutzlücken für Unternehmen bestehen und somit u.U. ein Haftungsrisiko für Unternehmen und Unternehmensleitung begründen.

(Quelle: Online-Zeitschrift Compliance, Ausgabe April 2022)