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Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern, Amtsträgerbestechlickeit und -bestechung

BGH bestätigt Strafbarkeit von Zuwendungen an Schulen für Weiterbetrieb von Windkraftanlagen

Werden städtebauliche Verträge geschlossen, die gegen das verwaltungsrechtliche Koppelungsverbot verstoßen, kann dies nach Auffassung des BGH nach § 108 e StGB strafbar sein; ferner hält der BGH Zuwendungen an Schulen für den Weiterbetrieb von Windkraftanlagen für strafrechtlich relevant.

Angeklagt sind u. a. zwei ehrenamtliche Bürgermeister und Gemeindevertreter von Gemeinden in Schleswig-Holstein und zwei vertretungsbefugte Gesellschafter einer mit dem Betrieb von Windkraftanlagen befassten GmbH & Co. KG. Es geht um einen von den Gemeinden mit dem Unternehmen geschlossenen Änderungsvertrag zu einem städtebaulichen Vertrag. Hierin war u.a. vorgesehen, für den Weiterbetrieb von fünf Windkraftanlagen eine finanzielle Entschädigung zugunsten des Schulverbandes der Gemeinden zu zahlen. Den Angeklagten wird vorgeworfen, dem Änderungsvertrag in ihren Gemeindevertretungen im Frühjahr 2016 zugestimmt zu haben bzw. dies vereinbart zu haben, obwohl sie spätestens seit Anfang Dezember 2015 von dem verwaltungsrechtlichen Verbot sachwidriger Koppelung von Leistung und Gegenleistung gewusst hätten. Das OLG Schleswig-Holstein hat die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt, weil der angeklagte Sachverhalt keinen Straftatbestand erfülle. Auf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft hat der BGH das Hauptverfahren eröffnet und die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen.

Die Entscheidung des BGH vom 14. Dezember 2022 (Az. StB 42/22) klärt Grundfragen bei Kooperationen mit der öffentlichen Hand. Nach seiner Auffassung sind die Angeklagten hinreichend einer Straftat nach § 108 e StGB (Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern) und nach § 332 (Bestechlichkeit), § 334 StGB (Bestechung) verdächtig. Gemeindevertreter stehen nach § 108 e Abs. 3 Nr. 1 StGB einem Mitglied des Bundes- oder der Landtage gleich. Die im Änderungsvertrag vorgesehene Entschädigung i.H.v. 950 Euro pro Windkraftanlage stellt nach Auffassung des BGH hinreichend wahrscheinlich einen ungerechtfertigten Vorteil für einen Dritten dar.

Praxishinweis:

Für Compliance-Verantwortliche ist diese Entscheidung besonders wichtig. Sie klärt grundsätzliche Fragen einer möglichen Strafbarkeit bei den nicht seltenen gegenseitigen Verträgen zwischen Gemeinden und Unternehmen. Für die Vertragsgestaltung kommt es dabei darauf an, das verwaltungsrechtliche „Koppelungsverbot“ weitestmöglich zu meiden und bei etwaigen Vergleichen in Form von Änderungsverträgen auf den Vergleichscharakter ausdrücklich in der Vertragsurkunde hinzuweisen. Die Auslegung des BGH in dieser Entscheidung zeigt – dem Gesetzeszweck und dem Willen des Gesetzgebers entsprechend – die großen Strafbarkeitsrisiken selbst bei Vereinbarung eigentlich kleiner Abgeltungssummen, soweit Leistung und Gegenleistung in keinem erkennbaren Zusammenhang stehen.

(Quelle: Mosbacher in CCZ 2023, 45 (48)