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BGH bejaht Anspruch eines Unternehmens auf Aufhebung einer rechtswidrig verhängten generellen Vergabesperre

BGH klärt Rechtsschutzmöglichkeit eines Unternehmens gegen rechtswidrig verhängte generelle Vergabesperre.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Urteil vom 3. Juni 2020 (Az.: XIII ZR 22/19; veröffentlicht z.B. in IBR 2020, 470 oder NZBau 2020, 609) entschieden, dass Unternehmen ein Abwehranspruch gegen eine zu Unrecht verhängte generelle Vergabesperre zusteht. Dieser Unterlassungsanspruch kann unabhängig von einem konkreten Vergabeverfahren oberhalb wie unterhalb der EU-Schwellenwerte (im Baubereich derzeit 5.350.000 Euro) geltend gemacht wer- den.

Grundlage der generellen Ausschlussentscheidung war im vorliegenden Fall ein Interessenkonflikt aufgrund familiärer Beziehungen zwischen einem Mitarbeiter des Bieters und der Behördenleitung des Auftraggebers. Vergaberechtlich wird bei einer derartigen Familienbeziehung grundsätzlich ein Interessenkonflikt vermutet.

Der zentrale Leitsatz dieser BGH-Entscheidung lautet: Schließt ein öffentlicher Auftraggeber ein Unternehmen ohne hinreichenden sachlichen Grund generell von der Vergabe von Aufträgen oder der Teilnahme an Vergabeverfahren aus, steht dem ausgeschlossenen Unternehmen gegen die Umsetzung einer solchen rechtswidrigen Vergabesperre ein Unterlassungsanspruch (§ 1004 Abs. 1 S. 2 analog i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB) zu.

Mit dieser Entscheidung schließt der BGH eine wichtige Lücke im System des Rechtsschutzes gegen generelle Vergabesperren. Öffentliche Auftraggeber werden zukünftig gehalten sein, statt einer generellen Vergabesperre den bösen Schein eines Interessenkonflikts mit weniger einschneidenden Mitteln zu vermeiden. § 6 Vergabeverordnung gibt vor, dass der Interessenkonflikt primär auf der Seite des Auftraggebers zu lösen ist. Der Ausschluss eines Bieters von Vergabeverfahren, so der BGH, stelle dabei nur eine ultima ratio dar. Auftraggeber müssen im Einzelfall nach Mitteln und Wegen suchen, den Interessenkonflikt zu vermeiden. Unternehmen müssen bei einem generellen Ausschluss von Vergabeverfahren nun nicht mehr das nächste Vergabeverfahren abwarten, um gegen die Vergabesperre vorgehen zu können. Auch die Möglichkeit, einstweiligen Rechtsschutz zu beantragen, dürfte die Durchsetzung von Bieterrechten vereinfachen. Die BGH-Entscheidung hat für betroffene Unternehmen damit erhebliche Tragweite.