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Justizministerkonferenz für Einführung eines Unternehmenssanktionsrechts

JuMiKo fordert vom Bund Vorlage eines Gesetzentwurfs für spezielles Unternehmenssanktionsrecht

Die Justizministerinnen und Justizminister der Länder haben sich in ihrer Frühjahrskonferenz am 25./26. Mai 2023 in Berlin für die Einführung eines Unternehmenssanktionsrechts ausgesprochen. Sie fordern den Bundesjustizminister zur Vorlage eines Gesetzentwurfs zur Unternehmenssanktionierung auf. Das derzeitige Recht reiche nicht aus, um eine effektive Strafverfolgung auch gegen Unternehmen zu gewährleisten. Mit dem Beschluss der Justizministerkonferenz nimmt die Debatte um die Einführung eines Verbandssank- tionenrechts wieder Fahrt auf.

Mit dem Regierungsentwurf eines Verbandssanktionengesetzes und einer Stellungnahme des Bundesrates hierzu endeten im Jahr 2020 die Aktivitäten der schwarz-roten Bundesregierung um die Einführung eines „Unternehmens- strafrechts“. Es folgte die Bundestagswahl, der seinerzeit vorgelegte Gesetzentwurf fiel dem sog. parlamentarischen Diskontinuitätsgrundsatz zum Opfer.

Die Ampel-Parteien blieben aktuell in ihrem Koalitionsvertrag eher zurückhaltend hinsichtlich der Einführung eines „Unternehmensstrafrechts“, doch jetzt erhält Bundesjustizminister Marco Buschmann aus Richtung der Justizministerkonferenz der Länder Druck: Er soll einen Gesetzentwurf zur Unternehmenssanktionierung vorlegen.

Im Beschluss der 94. Justizministerkonferenz heißt es, dass die Justizministerinnen und Justizminister der Auffassung seien, dass das geltende Recht für die Bekämpfung von Unternehmenskriminalität nicht in jeder Hinsicht ausreiche. Sie erkennen daher im Grundsatz einen Bedarf für die Ausweitung der Sanktionsmöglichkeiten. Dabei seien das Sanktionsinteresse und das Gebot einer effektiven Strafverfolgung miteinander in Einklang zu bringen. Die Erkenntnisse aus dem Gesetzgebungsverfahren der vorhergehenden Legislaturperiode böten eine geeignete Grundlage für die weiteren Überlegungen.

Die Überlegungen zur Einführung eines Verbandssanktionengesetzes nehmen damit wieder Fahrt auf. Die Gegner solcher Aktivitäten weisen darauf hin, dass Deutschland mit § 30 des Ordnungswidrigkeitengesetzes bereits eine ausrei- chende Möglichkeit habe, Unternehmen empfindlich zu sanktionieren. Die Befürworter sehen im Verfolgungszwang auch gegen Unternehmen sowie in eindeutigen Regelungen für interne Ermittlungen, in Sanktionsmilderungsgründen für Unternehmen und in klaren Definitionen von Monitorships einen erheblichen Vorteil für betroffene Unternehmen, Rechtssicherheit zu erlangen. Darüber hinaus wird in der Schaffung eines spezifischen Verbandssanktionenrechts eine Möglichkeit gesehen, Geschäftsführungsorgane von Unternehmen für das Erfordernis von Compliance und bestehende Sanktionsgefahren zu sensibilisieren.

Zwar sieht bereits das geltende Recht eine Verbandsgeldbuße von bis zu zehn Mio. Euro zuzüglich Gewinnabschöpfung vor, wenn Unternehmensmitarbeiter Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten mit Bezug zum Betrieb begehen. Diese Obergrenze wird aber als nicht ausreichend angesehen.

Compliance-Verantwortliche in Unternehmen vermissen vor allem klare Regelungen zur Strafmilderung durch Compliance-Maßnahmen oder zur Durchführung interner Ermittlungen. Derartige Regelungen hatte der Regierungsentwurf der Vorgänger-Bundesregierung vorgesehen. Dieser Entwurf fiel dem Ende der Legislaturperiode zum Opfer, und die neue Bundesregierung hat die seinerzeit begonnene Arbeit nicht wieder aufgenommen.

Die Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister befasst sich mit aktuellen rechtspolitischen Themen. Sie diskutiert drängende Fragen und Herausforderungen des Rechtsstaats und bedenkt die Belange der Justiz. Die Beschlüsse der JuMiKo haben keinen Rechtsetzungscharakter, jedoch setzt die Fachkonferenz mit ihren Diskussionen und Beschlüssen wichtige Impulse für die Justizpolitik des Bundes und der Länder.

(Quelle: Heuking Kühn Lüer Wojtek, Compliance Update 6/23 vom 31. Mai 2023)