ZUSATZ INFORMATIONEN

Praxiserfahrungen mit dem Transparenzregister seit August 2021

Transparenzregister: Praxiserfahrungen seit 1.8.2021

Im Oktober 2017 wurde in Deutschland ein sog. elektronisches Transparenzregister eingeführt. Bestimmte Rechtseinheiten (GmbH, AG, SE, KG, Stiftung, Verein) sind seitdem verpflichtet, an das Transparenzregister eine Mitteilung über sog. wirtschaftlich Berechtigte (international: „Ultimate Beneficial Owner“ oder kurz „UBO“) zu machen.

Diese Mitteilungspflichten hat der Gesetzgeber durch das am 1. August 2021 in Kraft getretene Transparenzregister- und Finanzinformationsgesetz maßgeblich geändert. Welche Praxiserfahrungen gibt es seit August 2021?

Kerngröße der Compliancepflichten im Kontext des Transparenzregisters ist die Person des wirtschaftlich Berechtigten/UBO. Gemäß der Grundregel des § 3 Abs. 1 S. 1 Geldwäschegesetz (GWG) ist dies jede natürliche Person, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle eine juristische Person steht. Darüber hinaus enthält § 3 in seinen Abs. 2-4 weitere Konkretisierungen. Danach qualifiziert sich eine natürliche Person unter anderem als UBO, wenn sie unmittelbar oder mittelbar mehr als 25 % der Kapital- oder Stimmanteile hält oder auf vergleichbare Weise Kontrolle ausübt.

Kann kein wirtschaftlich Berechtigter ermittelt werden, hat die Gesellschaft alle Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs (z.B. Vorstand oder Geschäftsführer) gemäß § 3 Abs. 2 S. 5 GWG als fiktive wirtschaftlich Berechtigte mitzuteilen. Wichtig: Der Tatbestand ist subsidiär und verpflichtet die Verantwortlichen dennoch vorab zu tatsächlichen UBO-Ermittlungen. Die Einhaltung der dargestellten Transparenzregister-Mitteilungspflichten ist Teil der Complianceverantwortung der Gesellschaften und bußgeldbewehrt (§ 56 Abs. 1 S. 1 Nr. 54-66 GWG).

Praxiserfahrung 1: Die Übergangsfristen gelten nicht für neue Sachverhalte

Die Erfahrungen in der Praxis zeigen eine Fehleinschätzung einiger Gesellschaften hinsichtlich der Anwendbarkeit der Übergangsfristen. Es werden allein aufgrund der alten Mitteilungsfiktion privilegierte Sachverhalte erfasst, woraus im Umkehrschluss folgt: Der Mitteilungspflicht ist unverzüglich nachzukommen, sofern

  • bis zum 31.7.2021 bereits eine Mitteilungspflicht bestand, sie aber nicht erfüllt wurde, oder
  • es sich um einen neuen mitteilungsrelevanten Sachverhalt ab dem 1. 8. 2021 handelt.

Dies umfasst z.B. eine Gesellschaftsneugründung oder Änderungen beim UBO/fiktiven UBO (Geschäftsführer/Vorstand/geschäftsführender Gesellschafter) und gilt selbst dann, wenn solche Veränderungen aus elektronisch abrufbaren Registern ersichtlich sind.

Praxiserfahrung 2: Notwendige Anpassung der Know-Your-Customer-Prozesse (KYC)

KYC-Prozesse gehören schon seit längerem zu den regulatorisch vorgegebenen Sorgfaltspflichten einer ordentlichen Geschäftsleitung. Die Leitungsorgane haben deshalb bei der Eingehung von Geschäftsbeziehungen ihren Kunden zu identifizieren (= Feststellen der relevanten Daten) und die Daten gegebenenfalls zu verifizieren (= Überprüfen dieser Daten) sowie vor allem auch den wirtschaftlich Berechtigten zu bestimmen.

Die Praxis zeigt, dass viele Gesellschaften den Anpassungsbedarf aufgrund der neuen Rechtslage bei diesen Prozessen verkennen. Zur UBO-Ermittlung ist zukünftig nicht mehr nur der Blick in das Handelsregister, sondern auch der in das Transparenzregister obligatorisch.

(Quelle: Deutscher AnwaltSpiegel Ausgabe 8 vom 13. April 2022)