ZUSATZ INFORMATIONEN

Unverwertbarkeit der Aussagen sog. „Lauschzeugen“

Gericht klärt Voraussetzungen, wann Aussagen von sog. „Lauschzeugen“ unverwertbar sind

Das OLG Koblenz hat mit Beschluss vom 15. Dezember 2023 (Az. 3 U 1186/23) folgenden Leitsatz aufgestellt:

Aussagen von sog. "Lauschzeugen", die ein vom Beweisführer am Telefon geführtes Gespräch mit einem anderen Gesprächsteilnehmer mithören, ohne dass Letzterer hierüber informiert ist, sind unverwertbar, wenn der Beweisführer mit seinem telefonischen Gesprächspartner außerdem in Mail- und WhatsApp-Kontakt gestanden und es versäumt hat, sich den Inhalt des Telefongesprächs auf diesem Wege schriftlich bestätigen zu lassen.

Problem/Sachverhalt

Die Parteien streiten um Maklerlohn im Zusammenhang mit der (geplanten) Veräußerung einer Immobilie. Der Makler (M) verlangt vom Auftraggeber (AG), von dem er aufgrund des Versprechens einer unentgeltlichen Leistungserbringung einen Alleinauftrag erlangt hatte, nun doch 16.800 Euro mit der Behauptung, der AG habe ihm telefonisch eine "Bonuszahlung" in dieser Höhe für den Fall zugesagt, dass die Immobilie für mehr als 520.000 Euro verkauft werde. Als Beweis hierfür beruft M sich auf das Zeugnis seiner Ehefrau, die den Inhalt des Telefonats über den eingeschalteten Lautsprecher mitgehört habe - allerdings ohne dass der AG hierüber informiert war. Das Landgericht weist die Klage ab, wogegen sich M mit seiner Berufung wendet.

Entscheidung

Ohne Erfolg! Das OLG Koblenz kündigt an, die Berufung durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO im schriftlichen Verfahren zurückzuweisen, weil sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. M kann die behauptete telefonische Abrede nicht beweisen. Der Vernehmung seiner Ehefrau als Zeugin steht ein Beweisverwertungsverbot entgegen. Zwar sind Aussagen von sog. "Lauschzeugen", die ein am Telefon geführtes Gespräch ohne Information des anderen Gesprächsteilnehmers mithören, im Zivilprozess nicht schlechthin unverwertbar. Insoweit bedarf es einer Interessen- und Güterabwägung zwischen dem gegen die Verwertung streitenden allgemeinen Persönlichkeitsrecht auf der einen und dem dafür sprechenden rechtlich geschützten Interesse auf der anderen Seite. Allein das Interesse, sich ein Beweismittel für zivilrechtliche Ansprüche zu sichern, ist jedoch nicht ausreichend, um die Verletzung des Persönlichkeitsrechts der anderen Prozesspartei zu rechtfertigen, wenn es der Beweisführer versäumt hat, die Beweisbarkeit seiner Behauptung auf andere Weise sicherzustellen. Von einem solchen Versäumnis des M geht das OLG im vorliegenden Fall aus, weil er mit dem AG auch in E-Mail- und WhatsApp-Kontakt stand, so dass die Möglichkeit bestand, sich den Gesprächsinhalt zeitnah und ohne nennenswerten Aufwand schriftlich bestätigen zu lassen. Die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des AG ist vor diesem Hintergrund nicht gerechtfertigt, so dass ein Beweisverwertungsverbot besteht.

Praxishinweis

Die Frage der (Un-)Verwertbarkeit der Aussagen von sog. "Lauschzeugen", die den Inhalt eines Telefonats über den eingeschalteten Lautsprecher mithören, ohne dass der andere Gesprächspartner hierüber informiert ist, ist schon seit Langem höchstrichterlich geklärt (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 09.10.2002 1 BvR 1611/96 und 1 BvR 805/98, sowie Beschluss vom 02.04.2003 - 1 BvR 215/03; BGH, Urteil vom 18.02.2003 - XI ZR 165/02, und Urteil vom 17.02.2010 - VIII ZR 70/07.  Die hierzu entwickelten Grundsätze wendet das OLG Koblenz zutreffend an.

(Quelle: IBR 2024 S. 159)