Legen Arbeitgeber zur Betriebsprüfung keine Unterlagen vor, kann gegen sie ein Zwangsgeld festgesetzt werden, unabhängig davon, ob sich nach Abschluss der laufenden oder einer vorausgehenden Betriebsprüfung tatsächlich eine Beitragsnachforderung ergibt. Dies hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg mit Urteil vom 20.10.2021 (Az. L 5 BA 2751/20) entschieden.
Der Kläger betreibt eine Spedition. Bereits für den Prüfzeitraum der Jahre 2010 bis 2013 führte die Rentenversicherung dort eine Betriebsprüfung durch und forderte Beiträge in Höhe von rund 46.000 Euro nach. Mit Schreiben vom September 2018 kündigte die Rentenversicherung eine erneute Betriebsprüfung an. Hierauf entgegnete der Kläger, eine erneute Betriebsprüfung sei nicht sinnvoll, da zur vorangegangenen Prüfung derzeit noch ein Gerichtsverfahren anhängig sei. Am festgesetzten Prüftermin im November 2018 traf man den Kläger nicht persönlich an. Telefonisch erklärte er, erst nach Abschluss des Gerichtsverfahrens eine weitere Betriebsprüfung zuzulassen.
Mit Bescheid vom November 2018 terminierte die Rentenversicherung die Betriebsprüfung auf den 13.12.2018 und gab dem Kläger auf, bis dahin seine Geschäftsunterlagen für den Prüfzeitraum vorzulegen. Zudem drohte sie ein Zwangsgeld i.H.v. 500 Euro an, sollte der Kläger der Anordnung nicht nach- kommen. Nach erfolglosem Widerspruchs- und Klageverfahren hat der Kläger beim LSG Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Er trug vor, andere Betriebe würden nicht in der Häufigkeit mit Betriebsprüfungen belegt. Die Beklagte drangsaliere ihn.
Das LSG Baden-Württemberg wies die Berufung zurück. Die Beklagte hat dem Kläger zu Recht die Vorlage der Unterlagen als gesetzlich geschuldete Prüfhilfe aufgegeben. Die Rechtmäßigkeit der Vorlageanordnung hängt nicht davon ab, ob sich nach Abschluss der Betriebsprüfung tatsächlich eine Beitragsnachforderung ergibt. Deswegen kommt es auch nicht darauf an, welchen Ausgang das Gerichtsverfahren zur vorausgegangenen Betriebsprüfung hat. Die Rechtmäßigkeit einer etwaigen Beitragsnachforderung kann im Wege einstweiligen Rechtsschutzes angefochten werden, womit effektiver Rechtsschutz gewähr- leistet ist.
Der Kläger kann mit der Behauptung, keine höheren Sozialversicherungsbei- träge zu schulden, nicht verhindern, dass die Beklagte den Sachverhalt prüft und feststellt. Im Übrigen sind die Träger der Rentenversicherung zu Prüfungen im vierjährigen Prüfrhythmus gesetzlich verpflichtet. Ihnen steht insoweit kein Ermessensspielraum zu. Die Zwangsgeldanordnung ist ebenfalls rechtmäßig. Die im Einzelfall durch Verwaltungsakt konkretisierte Pflicht des Arbeitgebers zur Prüfhilfe kann mit Mitteln des Verwaltungszwangs durchgesetzt werden.
Rechtsgrundlage der Vorlageanordnung ist § 28 p Abs. 1 und Abs. 5 SGB IV. Diese Vorschriften prägen die Auskunftspflichten des Arbeitgebers näher aus; danach hat der Arbeitgeber den zuständigen Stellen auf Verlangen die Geschäftsbücher, Listen oder andere Unterlagen, aus denen die Angaben über die Beschäftigung hervorgehen, zur Einsicht vorzulegen.
Gemäß § 28 p Abs. 1 S. 1 SGB IV prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihren Meldepflichten und ihren sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen. Sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28 a SGB IV) mindestens alle vier Jahre. Die Arbeitgeber sind gemäß § 28 p Abs. 5 S. 1 SGB IV verpflichtet, angemessene Prüfhilfen zu leisten. Gemäß § 11 Abs. 2 S. 2 Beitragsverfahrensverordnung hat der Arbeitgeber Unterlagen, die der Aufgabenerfüllung der Prüfung dienen, insbesondere zur Klärung, ob ein versicherungs- oder beitragspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt oder nicht, auf Verlangen vorzulegen.
(Quelle: LSG Baden-Württemberg Pressemitteilung vom 2. Februar 2022)