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Verantwortliches Unternehmen beim Arbeitsschutz

VG Ansbach weitet GU-Verantwortung für Arbeitsschutz erheblich aus

Der Arbeitgeber hat dafür Sorge zu tragen, dass die Arbeitsschutzvorschriften gegenüber seinen „Beschäftigten“ eingehalten werden. Zu seinen Beschäftigten gehören Personen, die in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehen. Nach dem Verständnis des Verwaltungsgerichts Ansbach (Beschluss vom 6. Mai 2022 – Az. AN 4 S 22.01071) gehören zu den Beschäftigten auch andere natürliche Personen, die in keinem vertraglichen Verhältnis zu diesem Arbeitgeber stehen.

In der Entscheidung des VG Ansbach ging es darum, dass eine Arbeitsschutzbehörde auf einer Baustelle erhebliche Arbeitsschutzmängel festgestellt und nach längerer Diskussion eine Baueinstellungsverfügung, adressiert an den Generalunternehmer, erlassen hat. Dieser wendet ein, dass nicht seine Arbeitnehmer auf der Baustelle tätig würden, sondern solche von Nachunternehmen. Daher sei er nicht Arbeitgeber im Sinne des Arbeitsschutzes und somit auch nicht richtiger Adressat der Verfügung.

Das VG Ansbach sah das anders: Zwar erachtete das Gericht die Verfügung der Arbeitsschutzbehörde als unwirksam, da die Arbeitsschutzbehörde ihr Störerauswahlermessen nicht hinreichend begründet habe. Allerdings folgt es in der Sache der Argumentation der Arbeitsschutzbehörde und führt hierzu aus:

„Mit Blick auf den Zweck des Arbeitsschutzgesetzes, insbesondere Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit durch Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu sichern und zu verbessern, ist der Begriff des Arbeitgebers grundsätzlich weit zu verstehen. Auch der Generalunternehmer einer Baustelle, der für die einzelnen Gewerke andere Unternehmen mit der Erbringung von Werkleistungen beauftragt, ist selbst Arbeitgeber im Sinne des Arbeitsschutzgesetzes, da er als beauftragendes Unternehmen die auf der Baustelle stattfindende Beschäftigung initiiert hat und ihm die Letztverantwortung auf der Baustelle zukommt, unabhängig von der Zahl der zwischengeschalteten zivilrechtlichen Vertragsverhältnisse zum letztlich Beschäftigten…“

Auswirkungen auf die Praxis: Sollte sich die vom VG Ansbach vorgenommene Auslegung des Arbeitgeberbegriffs durchsetzen, hätte dies nicht nur Auswirkungen auf den Generalunternehmer einer Baustelle. Überall dort, wo Personen verschiedener Arbeitgeber außerhalb der Leiharbeit zusammenarbeiten, stellt sich das Problem der Verantwortlichkeit für den Arbeitsschutz. Die Entscheidung des VG Ansbach sollte für Unternehmen Anlass sein, die eigene Arbeitsschutz-Compliance, insbesondere dann zu überprüfen, wenn Personen – ohne Leiharbeitnehmer zu sein – im eigenen Betrieb tätig werden. Wird ein Unternehmen von der Arbeitsschutzbehörde in Anspruch genommen, obwohl es sich weder um eigene Arbeitnehmer noch um Leiharbeitnehmer handelt, sollte geprüft werden, den diesbezüglichen Bescheid vor dem zuständigen Verwaltungsgericht anzugreifen.

(Quelle: Noerr-News 14. September 2022)